Zentralasien-Newsletter 3/2002

Schritte zu mehr Demokratie - die Gesetzesinitiativen Akajews
Zurück zum Einparteiensystem in Kasachstan?
Turkmenistan und Belarus wollen Beziehungen ausbauen
5. Jahrestag des Friedens in Tadschikistan
Nimmt die Afghanistan-Pipeline Gestalt an?
Die Erklärung der Staatschefs der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit
Präsident Akajew stellt die neue Regierung vor
Meldungen:
Türkische Unterstützung für Bildungswesen Kyrgysstans

Auszüge:

Zurück zum Einparteiensystem in Kasachstan?
von
Jekaterina Tollybajewa, Journalistin, Almaty


Einfach war es nicht, das Gesetz "Über politische Parteien" durch beide Kammern des Parlaments - des Madschilis - der Republik Kasachstan zu bringen. Zu ungeheuerlich schien, was im neuen Gesetz als Voraussetzung für die Registrierung als politische Partei festgeschrieben werden sollte. Aber nach heftigen und erbitterten Debatten in der Unteren Kammer wurde das Gesetz dann schließlich doch zur Annahme an die Obere Kammer weitergeleitet. Hier wurde es mehr oder weniger reibungslos angenommen. Nur eine Änderung wurde durchgesetzt, nämlich daß eine Partei, auch wenn sie bei einer Wahl nicht die Drei-Prozent-Hürde überwunden hat (im Entwurf vorgesehen waren zunächst sogar zehn Prozent), nicht einfach aufgelöst werden kann. Die Untere Kammer akzeptierte diese Änderung und leitete das Gesetz zur Unterzeichnung an Präsident Nasarbajew weiter.

Eingebracht hatten den Gesetzentwurf Vertreter der präsidententreuen Partei "Otan" ("Vaterland"). Wie es weithin und insbesondere im Lager der Opposition heißt, auf Geheiß und Initiative der Präsidialverwaltung - aber das ist schon eine zweite Frage.

Was aber ist so skandalös am neuen Gesetz? Künftig müssen Parteien 50000 Mitglieder haben (in Deutschland hieße dies vergleichsweise über 250000 Mitglieder, Anm. d. Red.) - das ist eine für den mit nicht ganz fünfzehn Millionen Menschen vorsichtig gesagt dünn besiedelten fünftgrößten Flächenstaat der Welt beachtliche Zahl. Zudem müssen in jedem der vierzehn Gebiete des Landes mindestens 700 Mitglieder registriert sein, damit eine Partei als politische Partei im Justizministerium registriert wird. An den Parteienstatus ist das Recht gebunden, sich an den Wahlen zum Parlament und zu den Selbstverwaltungsorganen beteiligen zu können.

Die geforderte Zahl ist eine, wie viele Beobachter meinen, unverhältnismäßig hohe Mitgliederzahl, vor allem nach den 3000 Mitgliedern, die bisher zur Registrierung als politische Partei gereicht hatten.

Nach Angaben des Vorsitzenden von "Otan" Kairullo Jereschepow soll dieses Gesetz der Entwicklung der Parteienlandschaft und der Parteienkultur dienen. Die Frage von Qualität und Quantität der Parteien kann demnach nützlich sein, um die Parteienlandschaft zu strukturieren und damit der politischen Kultur der Republik einen Impuls geben. Hier könnte man ihm vielleicht Recht geben. Ob aber das bunte Gemisch aus kleinen und Kleinstparteien - insgesamt sind derzeit neunzehn Parteien in der Republik registriert - nur die Zerfaserung und Zersplitterung der innenpolitischen Prozesse zur Folge hat, steht zur Diskussion. Dies und die absolut unangemessene Zahl von 50000 Mitgliedern reichen, um den Entwurf als eine von oben gesteuerte Initiative zu werten. Da muß man der Einschätzung des Fraktionsvorsitzenden von "Otan", nach der dieses Gesetz "einen entscheidenden Schritt zu realen demokratischen Veränderungen" darstellt, ein entschiedenes "Nein" entgegensetzen.

Denn auf die heute noch ohne Zweifel bunte Vielfalt der Parteien wird, sollte das Gesetz Anwendung finden, ein Einheitsparteiensumpf folgen, in dem möglicherweise zwei, maximal drei Parteien den gesamten politischen Prozeß bestimmen werden: Als da natürlich "Otan" selbst wäre. Die Partei soll etwa 250000 Mitglieder - vor allem sind es die Beschäftigten der großen Staatsbetriebe - zählen. Dann wäre die Bürgerpartei mit ihren schätzungsweise 100000 Mitgliedern zu nennen. Und dann wird es bereits sehr dünn. Die der Opposition zugerechnete Kommunistische Partei gibt 48000 Mitglieder an - nicht einmal sie würde also die neuen Kriterien erfüllen, geschweige denn all die kleinen "demokratischen" Parteien, die sich in den zehn Jahren seit der Unabhängigkeit in Kasachstan gegründet haben. So begründen die Kommunisten ihre Ablehnung des Gesetzes auch damit, daß es undurchdacht, unnötig sei und vor allem zu einer Verarmung des Parteienpluralismus führe. Die erst Ende des letzten Jahres gegründete Partei "Demokratische Wahl Kasachstans" ist zahlenmäßig klein, auch wenn sich hier viele ehemalige Funktionäre und Regierungsmitglieder versammelt haben. Selbst traditionsreiche Parteien und Bewegungen wie "Azamat" und "Azat" sind von der Mitgliederzahl her eher winzig zu nennen. Die Republikanische Volkspartei des langjährigen Gegners von Präsident Nasarbajew Akeschan Kaschegeldin wird die Kriterien wohl ebenfalls nicht erfüllen können. Und auch die Russische Partei, die erst vor kurzem gegründet wurde, was in der Parteienlandschaft vor allem deshalb für Aufregung gesorgt hatte, weil man befürchtete, daß dieser Parteigründung eine Vielzahl ethnisch motivierter Parteigründungen folgen könnte, wird mit diesem Gesetz so schnell von der politischen Bühne verschwinden wie sie dort aufgetaucht ist.

Daß eine Verengung beziehungsweise Verkleinerung der Parteienlandschaft von den Bürgern Kasachstans in der Tat gewollt ist, wie es die Mehrheitsfraktion in der Unteren Kammer des Parlaments glauben machen will, muß bezweifelt werden. Vielmehr muß konstatiert werden, daß mit diesem Gesetz die in der Verfassung garantierte Freiheit der Verbände verletzt wird. Fraglos ist auch zu befürchten, daß mit dem Parteiengesetz nicht nur bereits existierende Parteien, über deren Sinn oder Unsinn man sicherlich streiten kann, in der Versenkung verschwinden werden. Damit kann aber auch die Neugründung von Parteien, die in Opposition zu den Machthabenden stehen, insgesamt behindert, ja fast unmöglich gemacht werden. Damit ist aber zu befürchten, daß sich in Kasachstan unter dem Mantel eines Zwei- oder Dreiparteiensystems ein parteipolitischer Einheitssumpf bilden wird, um noch nicht vom Einparteiensystem zu reden, das von der Opposition bereits an die Wand gemalt wird.

Aber: Auch in Rußland wurde im Zuge des neuen Parteiengesetzes eine Verengung der Parteienlandschaft auf ein Zweiparteiensystem vorausgesagt. Eingetreten ist dies nicht.

Ob es in naher Zukunft zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommen wird, um der herrschenden Macht ein sagen wir "politisch engeres" und "gefälligeres" Parlament zu schaffen, das in seiner Zusammensetzung noch stärker (sofern dies möglich ist) auf die Macht ausgerichtet sein wird, bleibt derweil noch abzuwarten. Und bei allen Entwicklungen in der zentralasiatischen Republik sollte man auch nicht vergessen, daß es neben der Nasarbajew nahe stehenden "Partei der Macht" auch die "gewesene Partei der Macht" gibt (als da wären die Kommunisten) wie auch die "Partei der potentiellen Macht". Denn interessanterweise ist die Demokratische Wahl ein Konglomerat aus alten Funktionären und Regierungsvertretern, die, von der Macht verdrängt, zur Macht streben. Übrigens auch das ist ein Phänomen, das man heute in allen zentralasiatischen Republiken beobachten kann. Ob das aber die besseren Herrscher von morgen sind und der reine Austausch von Eliten Entwicklung bedeutete? Da sind sicher viele Fragezeichen zu setzen.

Denn natürlich, daß der ehemalige Energieminister Muchtar Abljasow und der ehemalige Leiter des Gebiets Pawlodar Galymschan Schakijanow sich wegen Korruption zu verantworten haben, kann Schachzug der Macht sein - oder aber für das korrumpierte System auf allen Ebenen stehen.
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Turkmenistan und Belarus wollen Beziehungen ausbauen

von
Pjotr Borowoi (pb)


Mitte Mai hielt sich der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko zu einem offiziellen Besuch in Turkmenistan auf. Im Mittelpunkt der Gespräche mit Staatspräsident Saparmurat Nijasow standen vor allem Fragen der wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder. Denn im Jahr 2001 belief sich das gesamte Handelsvolumen zwischen Turkmenistan und Belarus nur auf dreizehn Millionen Dollar. Damit rangiert Belarus unter den Handelspartnern Turkmenistans an 26. Stelle. Im Verlauf des ersten Besuchs eines belarussischen Präsidenten in Turkmenistan überhaupt wurden ein Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit und ein Vertrag über Handels- und Wirtschaftskooperation bis 2010 sowie Abkommen über Luftverkehr und die Vermeidung der Doppelbesteuerung unterzeichnet. Nach den abgeschlossenen Verträgen wird Turkmenistan acht Jahre lang jährlich 2000 Traktoren vom Typ MTZ-80, 1000 Lastkraftwagen "MAZ" mit einer Lastkapazität von zwanzig Tonnen und 500 Vierzig-Tonnen-Lkws "BELAZ" in Belarus zu kaufen. Belarus wird Baumwolle und Baumwollprodukte, Jeansstoffe und -erzeugnisse sowie Erdölprodukte aus Turkmenistan beziehen.

Außerdem planen Turkmenistan und Belarus, ihre Kooperation im Militärbereich und in der Erdöl- und Gasbranche erheblich auszuweiten. So führte Präsident Nijasow auf der Abschlußpressekonferenz aus, daß Vertreter des turkmenischen Verteidigungsministeriums eine bevorstehende Militärübung in Belarus beobachten und sich über die Kapazitäten des Militärindustriekomplexes der Republik informieren würden. Nach dieser Informationsreise werde dann die turkmenische Staatsführung über den Ankauf von belarussischer Kriegstechnik entscheiden. Auf die Kooperation in der Öl- und Gasbranche eingehend, verwiesen die Staatschefs auf gute Aussichten auf diesem Gebiet. Man erwäge zudem Möglichkeiten, turkmenisches Erdgas über Belarus nach Europa zu liefern. (pb)
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Türkische Unterstützung für Bildungswesen Kyrgysstans


Der kirgisische Präsident Askar Akajew und der türkische Staatsminister Resat Dogru nahmen am 20. Juni in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek an der Grundsteinlegung für den Campus der kirgisisch-türkischen Universität "Manas" teil. In seiner Ansprache erklärte der kirgisische Präsident, daß dieses Ereignis von "der Unzerreißbarkeit der geistigen und brüderlichen Bande zwischen den verwandten Völkern der Kirgisen und Türken" zeuge. Akajew hob hervor, daß die Türkei "in unser Bildungswesen beträchtliche Finanzmittel investiert", was für Kyrgysstan von besonderer Bedeutung sei. Für den Bau der größten Universitätsstadt Kyrgysstans auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Bischkek müssen voraussichtlich bis im Jahr 2010 rund 140 Millionen Dollar aufgewendet werden.
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