Auszüge:
Plädoyer für eine starke Partnerschaft
Interview mit dem kasachstanischen Außenminister
Jerlan Idrissow
Vom 1. bis 3. Oktober hielt sich der kasachstanische Präsident Nursultan Nasarbajew mit einer großen Delegation aus Ministern und Unternehmern zu einem offiziellen Staatsbesuch in Deutschland auf. Wichtiges Thema neben dem Engagement der deutschen Wirtschaft in Kasachstan war die Antiterrorismusbekämpfung. Außenminister Jerlan Idrissow faßt in unserem Gespräch die Position Kasachstans in dieser Frage zusammen und schätzt den Stand der kasachstanisch-deutschen Beziehungen ein.
Frage: Schon am 11. September 2001, also an dem Tag, als es zu den schrecklichen Terroranschlägen in New York und Washington gekommen war, hieß es, daß sich die Welt mit diesen Anschlägen verändert habe. Rußland und die zentralasiatischen Staaten sprechen schon seit längerem über Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, des Extremismus und des religiösen Fundamentalismus und haben Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahr eingeleitet.
Ich bin sehr froh, daß Sie dies erwähnen.
Frage: Wie schätzen Sie die heutige Haltung des Westens in dieser Frage ein? Antiterroristische Maßnahmen wurden vom Westen vor dem 11. September immer sehr mißtrauisch beobachtet. Denken Sie, daß sich die Haltung des Westens in dieser Frage verändert hat?
Vor dem 11. September hat der Westen unseren Problemen in der Tat nur sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Im Westen sagte man stets sehr höflich, ja, da gibt es ein Problem, und wir werden diesem Aufmerksamkeit schenken. Aber im Westen war man dann doch stets mit anderen Angelegenheiten beschäftigt. Der Westen glaubte, daß die Gefahren, mit denen unsere Region konfrontiert ist, niemals eine Gefahr für ihn selbst darstellen wird. Dies war das allgemeine Herangehen. Leider hat es der Terroranschläge am 11. September und des daraus resultierenden unermeßlichen Leids bedurft, damit man der Frage des internationalen Terrorismus nun auch im Westen gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Mit den Anschlägen war klar geworden, daß Afghanistan zu einem der gefährlichsten Zentren der neuen Gefahren und Bedrohungen geworden war. Wir sprechen hier nicht nur über den Terrorismus. Die neuen Gefahren gehen Hand in Hand. Es sind Terrorismus, Extremismus, das heißt die extremistische Idee von Gewalt, Fundamentalismus, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, illegale Migration, organisierte Kriminalität - es ist ein ganzes Bündel neuer Gefahren.
Wir sind natürlich sehr traurig, daß es so viel Leids bedurfte, um die Afghanistankrise in den Mittelpunkt der globalen Aufmerksamkeit zu rücken.
Frage: Glauben Sie, daß die Terroranschläge in den USA vorhersehbar waren? Haben sich die Verantwortlichen in Ihrer Region, die den Problemen ganz andere Aufmerksamkeit geschenkt haben, die Anschläge vorstellen können?
Niemand konnte sich solche Anschläge vorstellen. Selbst in den schrecklichsten Träumen hätte sich wohl niemand solche grauenhafte Anschläge vorstellen können. Aber diese Situation hat uns gezeigt, daß niemand, daß kein Staat sicher ist. Jeder Staat ist verletzbar, angreifbar, selbst eine so starke Macht wie die USA, die zugleich so weit entfernt ist. Niemand ist sicher. Und ich betone es noch einmal: Es mußte unglücklicherweise erst zu derart schrecklichen Anschlägen kommen, damit die Menschen ihr Denken verändern, damit sie erkennen, daß sie sich zusammentun müssen, um diese Krankheit auszurotten. Und es ist ein sehr, sehr schwieriger Kampf. Denn der 11. September hat ganz klar gezeigt, daß die Terroristen in der effizientesten Weise die Errungenschaften der Globalisierung für ihre Zwecke genutzt haben. Die Terroristen handeln transnational, sie sind sehr gut organisiert, sie agieren gut koordiniert, und sie haben untereinander ein hohes Maß an Partnerschaft. Um sie also effizient zu bekämpfen, um dieses Übel wirklich auszurotten, ist es notwendig, daß die Weltgemeinschaft genauso gut koordiniert, genauso ausbalanciert agiert. Dies bedeutet aber, daß die internationale Gemeinschaft einer ebenso guten und effizienten Partnerschaft bedarf, um sich gegen diese Gefahren zur Wehr setzen zu können.
Frage: Denken Sie, daß es echte Gleichberechtigung zwischen den Staaten, die sich nun im Kampf gegen den Terrorismus zusammentun, geben wird?
Sehen Sie, wir befinden uns derzeit an einem sehr wichtigen Punkt der Geschichte. Dieser Moment, so schrecklich er auch ist, gibt uns die Chance, eine echte Partnerschaft aufzubauen. Wir müssen uns natürlich stärker vereinigen. Wir müssen engere Partner werden. Wir müssen eine tiefere Partnerschaft gestalten, denn wir müssen die Gefahr eliminieren, um eine Gewähr zu haben, daß meine Kinder, Ihre Kinder in Zukunft sicher leben können. Natürlich besteht eine Gefahr, daß wir scheitern werden. Nämlich dann, wenn wir uns erlauben, uns von inneren oder äußeren, geopolitischen oder anderen Faktoren leiten zu lassen. Aber wenn wir diese Fragen und Interessen hinten an stellen und wirklich die Chance ergreifen, werden wir einen globalen Erfolg erzielen. Dies ist die erste reale Chance, eine Instanz der globalen Partnerschaft aufzubauen, die die USA, Europa, Rußland, den Iran, China und viele andere Länder einbindet. Dies ist wirklich eine einmalige Chance, die vor uns liegt. Und wir haben meiner Ansicht nach kein Recht, in dieser Chance zu versagen.
Frage: Was kann die internationale Gemeinschaft denn tatsächlich tun? Es wird zweifellos keinen Sinn machen, einen Krieg gegen Afghanistan zu führen.
Wir sind überzeugt, daß es nicht zu einem Krieg kommen wird. Der amerikanische Präsident George W. Bush hat erklärt, daß das, worüber Amerika heute redet, und das, worauf die amerikanische Politik heute abzielt, der Kampf gegen den Terrorismus ist und nicht der Krieg gegen Afghanistan. Es ist kein Krieg gegen das afghanische Volk, es ist kein Krieg gegen irgendeine Fraktion in Afghanistan, es ist kein Krieg gegen eine religiöse Gruppe in Afghanistan oder irgendwo sonst auf der Welt. Wir waren sehr froh, als wir Präsident Bush im amerikanischen Kongreß öffentlich erklären hörten, daß nicht die Moslems die Feinde sind, sondern der Terrorismus der Gegner ist. Der Terrorismus hat keine Hautfarbe, keine Religion, keinen ethnischen Ursprung und er kommt nicht aus einer spezifischen geographischen Region. Er ist überall.
Frage: Was denken Sie, wie der Terrorismus bekämpft werden sollte?
Betrachten wir die Frage ein wenig tiefer. Unsere Position ist folgende: Wenn wir über den Kampf gegen den Terrorismus sprechen, dann müssen wir den kurzfristigen und den langfristigen Kampf betrachten. Die kurzfristige Bekämpfung ist klar: Man braucht Beweise, man muß die tatsächlich Schuldigen fassen und sie vor Gericht stellen. Das langfristige Herangehen und der langfristige Kampf gegen den Terrorismus setzt ein tiefes Nachdenken über die Ursachen, die Wurzeln des Terrorismus voraus. Warum entstehen überhaupt die Ideen der Gewalt in den Köpfen der Menschen. In vielerlei Hinsicht entsteht Gewaltbereitschaft, wenn jemand unzufrieden mit etwas ist - sei es politische, wirtschaftliche, geistige oder kulturelle Unzufriedenheit. Es heißt, daß den Selbstmordattentätern folgendes vermittelt wurde: Wenn ihr diesen Selbstmordanschlag verübt, kommt ihr direkt ins Paradies, wo am Eingang 72 schöne Jungfrauen auf euch warten. Vielleicht ist der Attentäter unzufrieden mit seinem Alltags- oder Familienleben. Vielleicht ist er unzufrieden, wie mit seiner Kultur umgegangen wird. Vielleicht ist er unzufrieden mit der allgemeinen Lage in seiner Heimat. Unzufriedenheit ist einer der Hauptgründe, warum Menschen Ideen von gewaltsamen Lösungen entwickeln. Für den Menschen ist es eigentlich vollkommen unnormal, die Idee zu entwickeln, einen anderen Menschen umzubringen. Das ist unnormal. Die Menschen kommen auf die Welt, um zu leben, um mit anderen Menschen zusammenzuleben. Wenn irgend jemand auf die Idee kommt, daß er einen anderen Menschen beseitigen muß, bedeutet dies, daß irgend etwas falsch läuft, und zwar grundlegend falsch läuft. Wir müssen also in erster Linie die Gründe für die Unzufriedenheit herausfinden.
Wenn im Zuge der kurzfristigen Bekämpfung zehn oder fünfzehn terroristische Zellen eliminiert werden, dann ist dies effizient und dann ist dies sehr gut. Aber wir dürfen an diesem Punkt nicht stehenbleiben. Wir müssen anfangen, über die wirtschaftliche Entwicklung zu reden, wir müssen über die Armutsbekämpfung sprechen, wir müssen die Zahl der Menschen, die mit ihrem Leben unzufrieden sind, minimieren. Wir müssen also an die wirklichen Wurzeln der Probleme herangehen. Das ist unsere Überzeugung.
Frage: Denken Sie, daß Ihre westlichen Partner ebenfalls die Idee der gleichberechtigten Partnerschaft verstanden haben? Der russische Präsident Putin hat während seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag gesagt, daß der kalte Krieg vorüber ist - und wohl auch vermitteln wollen, daß auch der Westen dies endlich erkennen muß. Sie sprechen nun von der Chance der Vereinigung.
Wenn wir hören, daß sich die Welt verändert hat - nun, darüber wird viel gesprochen, darüber wird viel nachgedacht. Es ist sehr gut, daß auch die Politiker angefangen haben, in realen Begriffen zu denken. Natürlich müssen sie denken, analysieren und Entscheidungen treffen. Auch hier komme ich wieder darauf zurück, wie wichtig es ist, daß wir uns in der Analyse und der Entscheidungsfindung nicht von geopolitischen Spielen hinreißen lassen. Dies ist immens wichtig.
Wir glauben, daß die neuen Gefahren, zu denen der Terrorismus zählt, sehr viel gefährlichere Herausforderungen sind als zum Beispiel die Gefahren eines Atomkrieges. Was will ich damit sagen? Heute können Terroristen Errungenschaften des menschlichen Genius, des menschlichen Geistes gegen den Menschen verwenden. Dies ist in der Tat die Bedrohung. Es ist heute ja nicht mehr so, daß die Gefahr, daß ein Staat möglicherweise einen Atomschlag führt, besonders groß ist. Die Gefahr geht von Menschen aus, die eben keinen Staat bilden. Von Menschen, die transnational organisiert und gut koordiniert sind. Ihre Ideen sind getragen von Gewalt. Und niemand weiß, was in ihren Köpfen wirklich vorgeht. Sie sprechen nicht mit dir, sie sagen nicht, was sie von dir wollen. Die Situation ist extrem kompliziert. Und wir sind sehr glücklich, daß alle Politiker nachdenken und versuchen, die gesamte Situation einzuschätzen. Sie versuchen zu verstehen, warum es passierte. Wir sind auch glücklich, daß Europa aufwacht. Ich erinnere mich, daß ich Außenminister Fischer auf dem Milleniumsgipfel traf. Wir sprachen über die zentralasiatische Region. Er war in der Tat sehr aufmerksam. Ich habe ihn damals nach Kasachstan eingeladen, und er kam ja dann auch im Mai. Und dies spiegelt wider, daß Europa aufwacht. Deutschland, als ein starkes Mitglied der EU, versteht mehr und mehr, daß die europäische Sicherheit, Entwicklung und Prosperität sehr stark verbunden sind mit der Sicherheit, Entwicklung und Prosperität in anderer Regionen der Welt und vor allem in unserer Region.
Frage: Vielleicht sprechen wir ganz kurz über den heutigen Stand der kasachstanisch-deutschen Beziehungen. Sie haben bereits angedeutet, daß Sie den Eindruck haben, daß Deutschland mit anderen Augen auf die zentralasiatische Region blickt.
Dieser Staatsbesuch ist natürlich lange geplant gewesen. Wir haben bereits Anfang des Jahres mit der Planung begonnen. Und der Besuch von Außenminister Fischer war ein Schritt zur Vorbereitung dieses Besuches. Bei der Planung des Staatsbesuches haben wir natürlich eine starke Betonung auf die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen gelegt. Politisch haben wir keine besonderen Probleme mit Deutschland. Wir stimmen in vielen Fragen überein.
Kasachstan ist schon sehr früh dafür eingetreten und hat diese Idee auch offen propagiert, daß Deutschland einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der UN erhalten sollte. Wir sind überzeugt, daß ein so starker Staat und mit so festen Prinzipien im Sicherheitsrat vertreten sein sollte. Wir sind sicher, daß Deutschland helfen wird, Fairneß in den internationalen Beziehungen zu sichern. Dies ist unsere Überzeugung, und aus diesem Grunde haben wir die Aufnahme der Bundesrepublik in den Sicherheitsrat schon früh unterstützt.
Betrachten wir nun aber die Wirtschaftsbeziehungen. Die Handelsbeziehungen zwischen unseren Ländern sind mehr oder weniger gut entwickelt. Wir haben im ersten Halbjahr dieses Jahres die 500 Millionen-Dollar-Marke im bilateralen Handel überschritten. Dies bedeutet, daß wir im gesamten Jahr 2001 an die eine Milliarde-Dollar-Marke herankommen könnten. In Europa ist Deutschland der wichtigste Handelspartner unserer Republik.
Wenn wir jedoch den Investitionsbereich betrachten, dann hat Deutschland einen Anteil von nur zwei Prozent an allen ausländischen Direktinvestitionen in Kasachstan. Ich möchte daran erinnern, daß im Bereich der Anwerbung ausländischer Direktinvestitionen Kasachstan den ersten Platz in den GUS-Ländern einnimmt. Insgesamt sind seit 1994 bereits vierzehn Milliarden Dollar Direktinvestitionen in unsere Wirtschaft geflossen. Dies ist eine riesige Summe. Verständlicherweise ist der Großteil der ausländischen Investitionen in den Erdöl- und Erdgassektor geflossen. Da jedoch deutsche Unternehmen nicht zu den Hauptakteuren in der Öl- und Gaswirtschaft der Welt zählen, verstehen wir, warum der deutsche Anteil an den Investitionen so niedrig ist. Es gibt aber noch andere Gründe. Dazu zählt beispielsweise, daß Deutschland Zentralasien stets als Region wahrgenommen und nicht die einzelnen Länder betrachtet hat. Von daher hat es auch keine spezifischen Wirtschaftsbeziehungen zu einzelnen Ländern entwickelt. Die Länder der GUS weisen jedoch unterschiedliche Entwicklungen auf, die Ergebnisse der Wirtschaftstätigkeit unterscheiden sich wie auch die Art der Reformen. Aus diesem Grunde sind wir überzeugt, daß die Beziehungen bilateral gestaltet werden müssen.
Ein wichtiges Ziel unseres diesjährigen Besuches ist, der Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen einen starken Impuls zu geben. Wir laden deutsche Unternehmer nach Kasachstan ein. Kasachstan hat nach "Euro-Money" von der EU den Status einer Marktwirtschaft erhalten. Dies bedeutet, die EU anerkennt, daß wir über das ganze Instrumentarium einer Marktwirtschaft verfügen. Unser Banksystem wird von "Euro-Money" als in der GUS führend betrachtet, es funktioniert nach westlichem Muster. Wir haben keine staatlichen Banken, lediglich die Nationalbank, die die Bankenpolitik koordiniert, ist staatlich. Unser Finanz- und Kreditsystem arbeitet, der Aktienmarkt wird entwickelt. Wir haben eine starke und stabile Währung. Wir verfügen über viele andere Instrumente, die helfen, daß sich Unternehmen in Kasachstan etablieren können. Die gesetzliche Basis schafft ein gutes Klima für ausländische Investoren.
Kasachstan steht nun vor der Aufgabe, das kleine und mittlere Unternehmertum zu entwickeln. Ich habe eben dargelegt, daß sich der Öl- und Gassektor in Kasachstan in rasanter Geschwindigkeit entwickelt. Heute produzieren wir vierzig Millionen Tonnen Öl im Jahr, und in einer sehr kurzen Zeit werden wir mindestens hundert Millionen Tonnen Öl produzieren. Also braucht Kasachstan für diesen Sektor natürlich gute Industrieausrüstungen. Wir laden die deutschen Unternehmen insbesondere in diesen Wirtschaftsbereich ein, denn wir wissen, daß sie gerade in diesem Bereich sehr stark sind. Sie sollten das Risiko auf sich nehmen, einen Partner in Kasachstan finden, ihren Geschäften nachgehen.
Neunzig Prozent der Wirtschaft sind in Kasachstan heute bereits in privaten Händen. Unsere Arbeitskräfte sind gut ausgebildet, und im Vergleich zu Deutschland sind die Löhne niedrig. Von daher kann man in Kasachstan sehr gute Gewinne machen. Interessant für deutsche Unternehmen sind der Agrarsektor und der pharmazeutische Bereich. Nehmen wir nur das Beispiel der Hysterie hier in Europa bei Lebensmitteln. Präsident Nasarbajew hat deutlich dargelegt, daß bei uns in Kasachstan alles organisch erzeugt wird. Unser Vieh wird nicht mit irgendwelchen Chemikalien vollgestopft, sondern mit Gras gefüttert. Kasachstanisches Getreide gedeiht unter natürlichen Bedingungen, und es ist von hoher Qualität. Es enthält dreißig Prozent Proteine. Wir produzieren etwa fünfzehn Millionen Tonnen Weizen, und verbrauchen nur bis zu sieben Millionen Tonnen. Ein Teil behalten wir als Reserve, der Rest wird exportiert.
Kasachstan bietet viele attraktive Möglichkeiten für Geschäftstätigkeiten. Zudem ist der riesige sibirische Markt in der Nähe, der zentralasiatische und der westchinesische Markt können beliefert werden. Deshalb sagen wir deutschen Unternehmern: Nehmen Sie das Risiko auf sich, investieren Sie, machen Sie Gewinne. Die Deutsche Bank engagiert sich in Kasachstan, Siemens, Alcatel SEL und viele andere. Folgen Sie dem Strom. Dieses ist die wichtigste Botschaft die Präsident Nasarbajew vermitteln will - eine starke wirtschaftliche Partnerschaft mit Deutschland. Denn wir halten Deutschland für einen der wichtigsten Partner unseres Landes in Europa und auch der Welt.
Auf einen Faktor möchte ich noch ganz kurz eingehen, nämlich den Brückenfaktor. Es sind die Deutschstämmigen aus Kasachstan in Deutschland und in Kasachstan. Sie wissen, daß einst etwas mehr als eine Million Deutschstämmige bei uns lebten. Zwei Drittel der Deutschen sind nach Deutschland ausgewandert. Etwas mehr als 300.000 Deutsche leben noch bei uns. Wir möchten sichern, daß diese "natürliche Brücke" unsere Länder einander noch näher bringt.
Außerdem hoffen wir, daß mehr Informationen über Kasachstan verbreitet werden, so daß die Menschen wissen, daß es bei uns keine unmittelbare Bedrohung unserer Sicherheit gibt. Wir sind ein stabiles Land. Der Papst ist nicht zufällig bei uns in Kasachstan gewesen. Und um noch einmal auf die erste Frage zurückzukommen: Wirtschaftliche Entwicklung ist einer der effizientesten Wege um aktuellen politischen Angelegenheiten zu begegnen.
Mit Außenminister Jerlan Idrissow sprachen Peter Franke und Britta Wollenweber in Berlin
Die politischen Kräfte in der Ukraine ordnen sich
von
Wladimir Boiko,
Journalist, Kiew
Nach dem Mißtrauensvotum und dem Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Juschtschenko haben sich viele in der Ukraine gefragt, was der dynamische, westlich orientierte und relativ junge Politiker auf die Beine stellen würde, um nicht in der politischen Versenkung zu verschwinden. Wohl niemand war ernsthaft davon ausgegangen, daß sich Viktor Juschtschenko aus der Politik zurückziehen würde. Nur kurze Zeit war die Frage offen, wie sich der als demokratisch geltende Politiker orientieren würde.
Wie eigentlich weithin erwartet, hat Juschtschenko, der sich immer auf die Partei "Reformen und Ordnung" stützen konnte, politische Kräfte gebündelt und das Wahlbündnis "Unsere Ukraine" aus der Taufe gehoben. Und dies ist mit Blick auf die im kommenden Frühjahr anstehenden Parlamentswahlen ohne Frage eine folgerichtige Aktion.
Dem Juschtschenko-Bündnis zugezählt werden Ruch 1 und Ruch 2, die Partei "Reformen und Ordnung", der "Kongreß Reformen" und andere demokratische Kräfte. Wie es heißt, wollen die vier genannten in der Werchowna Rada vertretenen Parteien eine gemeinsame Fraktion, die die politische Linie von "Unsere Ukraine" vertritt, bilden.
Viele Gerüchte gibt es darum, daß "Unsere Ukraine" nur wenig mehr als ein Projekt der Präsidialadministration ist, und die Teilnehmer an diesem Projekt entsprechend sorgfältig ausgewählt werden. Diese These vertritt beispielsweise Wolodymyr Polochalo, Chefredakteur der Zeitschrift "Polititschnaja dumka". Juschtschenko selbst gab solchen Spekulationen Nahrung, als er in einem Interview mit der Zeitung "Stolitschnyje Nowosti" äußerte, daß er seine politischen Schritte mit der Präsidialverwaltung und mit Präsident Kutschma persönlich abstimme und das Wahlbündnis nicht als Oppositionskraft zum herrschenden Regime verstanden wissen wolle. Der ehemalige Premierminister gab sich vollkommen überzeugt, daß der Präsident konstruktive Kritik brauche. Gleichzeitig unterstrich er, daß er den Präsidenten an sich als Symbol des Staats respektiere. Schließlich führte er aus, daß man angesichts der schwierigen Situation, in der sich das Land und der Präsident befinden, eher gewinne als verliere, wenn man mit den Machtbehörden kommuniziere.
"Unsere Ukraine" wird aber nicht nur von den Behörden umworben. Denn die Vorsitzende des "Forums zur Nationalen Rettung" Julia Timoschenko rief Juschtschenko zur Bildung eines einheitlichen Wahlbündnisses zusammen mit der Sozialistischen Partei von Olexander Moros auf. Timoschenko gilt als enge Vertraute des ehemaligen Premierministers Pawel Lasarenko. Sie war unter Juschtschenko Energieministerin und wurde von Kutschma gefeuert. In einem offenen Brief schrieb Julia Timoschenko: "Heute schlagen wir vor, ,Unsere Ukraine', das ,Forum zur Nationalen Rettung' und den Moros-Block zu einem einzigen demokratischen Wahlbündnis zu vereinigen. Dies ist genau das Bündnis, das meiner tiefen Überzeugung nach den Sieg bei den Parlamentswahlen erringen und ehrliche Politiker an die Macht bringen wird." In ihrem offenen Brief gibt sich Timoschenko zudem überzeugt, daß ihre Bewegung wie auch die Sozialisten von Moros ins nächste Parlament einziehen werden. Sie fügt allerdings hinzu, daß dieses Parlament, wenn man sich nicht vereinigt, eines sein wird, daß "von oligarchischen, antidemokratischen und antireformistischen politischen Kräften kontrolliert wird, die fortfahren werden, den nationalen Reichtum zu stehlen und die Unabhängigkeit des Landes aufs Spiel zu setzen."
Geht man davon aus, daß Juschtschenkos Bewegung tatsächlich Kräfte bündeln soll, um die Opposition zur Macht zu schwächen, ist der Timoschenko-Brief kein schlechter Schachzug. Denn vieles spricht dafür, daß die Macht versucht, die Schaffung von ihr treuen Wahlbündnissen voranzutreiben, wie es auch an dem geplanten Bündnis aus regional starken Parteien zu sehen ist. Wenn es keine weiteren politischen Turbulenzen gibt, finden die Parlamentswahlen im Frühjahr statt, und dafür gilt es sich jetzt im Vorfeld zu positionieren. Niemand geht real davon aus, daß Juschtschenko sich einem gemeinsamen Bündnis gegen die Macht anschließen wird. Niemand geht davon aus, daß die Timoschenko-Anhänger oder die Moros-Sozialisten gefragt werden, dem Bündnis "Unsere Ukraine" beizutreten. Aber das Angebot und die mit größter Sicherheit zu erwartende Ablehnung Juschtschenkos könnten - so zumindest das Timoschenko-Kalkül - den ehemaligen Premier entzaubern: Ihm gehe es nur um die politische Macht und weniger um demokratische Reformen und die Überwindung eines insgesamt undemokratischen Regimes.
Juschtschenko selbst wirbt um die politischen Kräfte, die in den einzelnen Regionen der Ukraine besonders stark sind, darunter die Agrarpartei, die "Ukrainischen Regionen" und die Volksliberale Partei, die sich - so zeichnet es sich derzeit ab - zu einem einheitlichen Wahlbündnis zusammenschließen werden. Ob aber Juschtschenko der "Führer" sein wird, ist fraglich. Der Leiter der Staatlichen Steuerbehörde Nikolai Azarow, der die Partei "Ukrainische Regionen" führt und damit die östliche Ukraine dominiert, erklärte, es wäre für "Unsere Ukraine" sehr viel besser, sie würde sich den regional starken Parteien unterordnen.
Gewinne turkmenischer Unternehmen gestiegen
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2001 haben turkmenische Unternehmen und Organisationen achtzig Prozent mehr Gewinne erwirtschaftet als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Insgesamt beliefen sich die Gewinne auf 4,2 Billionen Manat (etwa 810 Millionen Dollar). Dies gab das Nationale Institut für Statistik und Information Turkmenistans bekannt. Der größte Anteil der Gewinne wird vom Industriesektor erzeugt, dabei vor allem vom Erdöl- und Erdgassektor. 62 Prozent an den Einnahmen entfallen auf die Erdgasindustrie, 25 Prozent auf die Erdölproduktion, zehn Prozent auf die Erdölverarbeitung und drei Prozent auf den Energiesektor. Insgesamt geht Turkmenistan weiter von einem positiven Wirtschaftswachstum aus.
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