Auszüge:
Staatsrat eingerichtet
von
Pjotr Borowoi,
Journalist, Moskau
Am 1. September unterzeichnete Rußlands Präsident Putin den Erlaß über die Bildung des Staatsrates. Nach diesem Erlaß ist der Staatsrat ein Teil der vollziehenden Gewalt, verfügt aber nur über beratende Funktionen. Ihm gehören alle Gouverneure und Präsidenten der Föderationssubjekte an. Der russische Präsident selbst wird das Organ leiten. Der stellvertretende Leiter der Präsidialverwaltung Alexander Abramow wurde zum Sekretär des Staatsrates ernannt.
Nach Ausführungen von Putin wird der Staatsrat alle drei Monate zusammentreten. Für die ständige Arbeit wird ein Präsidium gebildet, in dem jeder Föderaldistrikt durch einen regionalen Führer vertreten ist. Die Zusammensetzung des Präsidiums wird halbjährlich nach dem Rotationsprinzip verändert. Am 2. September benannte Putin per Dekret die Mitglieder des Staatsratspräsidiums für die nächsten sechs Monate. Es sind der Gouverneur von Chabarowsk Viktor Ischajew, der Gouverneur von Tomsk Viktor Kress, der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow, der Vorsitzende des Staatsrates von Dagestan Magomedali Magomedow, der Gouverneur von Tjumen Leonid Rokezki, der Präsident von Tatarstan Mintimer Schaimijew und der Petersburger Bürgermeister Wladimir Jakowlew.
Gerüchte über die Bildung eines Staatsrates gab es bereits seit Mai, als Putin mit der Reform des Föderationsrates begonnen hatte. Dem Föderationsrat gehörten bisher die gewählten führenden Repräsentanten der Föderationssubjekte - Gouverneure beziehungsweise Präsidenten und die Vorsitzenden der regionalen Parlamente - an. Putin forderte jedoch, daß sich die führenden Vertreter der Regionen auf die Arbeit vor Ort konzentrieren und im Föderationsrat künftig nur noch die von ihnen ernannten Vertreter tagen sollten. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde im Juni im Parlament angenommen.
Die regionalen Führer verloren damit aber ein wichtiges Instrument, die Politik der Regierung und des Kreml direkt zu beeinflussen. Um ihnen aber so etwas wie einen Ausgleich anzubieten, schlug Putin ihnen eine Alternative vor - den Staatsrat, der jetzt alle drei Monate in Moskau tagen wird, um Probleme föderaler Bedeutung zu diskutieren und Empfehlungen auszuarbeiten.
Die regionalen Führer machen keinen Hehl aus ihrem Wunsch, dem Staatsrat ein größeres politisches Gewicht zu verleihen. Ein Detail: Ursprünglich war geplant, das Gremium als "Staatsrat beim Präsidenten" zu bezeichnen. Doch unter dem Druck der Gouverneure wurde er auf "Staatsrat der Russischen Föderation" getauft. Ungeachtet seines gewichtigen Namens ist der Staatsrat in der Verfassung nicht vorgesehen und kann folglich ohne Verfassungsänderung nicht zu einem realen Machtorgan werden.
Manche regionalen Führer wie der Gouverneur des Gebiets Primorje Jewgeni Nasdratenko hegen den Gedanken, den Staatsrat mit gesetzgebenden Funktionen auszustatten, wobei das Parlament einen Teil seiner Vollmachten verlieren würde. So erklärte Nasdratenko am 4. September, daß der Föderationsrat mit der Bildung des Staatsrates als Gegengewicht zur Duma nicht mehr wichtig sei. Auch der Präsident Tatarstans Schaimijew sprach sich für Ergänzungen zur Verfassung aus, um dem Staatsrat "reale Macht" zu verleihen. Doch wird es sich als schwierig erweisen, Änderungen an der Verfassung durchzusetzen. Denn die russische Duma wird kaum bereit sein, einen Teil ihrer Vollmachten an die Gouverneure abzutreten. Und Verfassungsänderungen benötigen die Billigung von mindestens zwei Dritteln der Dumabgeordneten.
Wo steht das private Unternehmertum in Moldowa?
von
Maria Constantinescu
Journalistin, Chisinau
Die Republik Moldowa gehört zu den ärmsten Transformationsländern und belegt auch in bezug auf die Entwicklung eines privaten Unternehmertums einen eher unteren Rang. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie "Unternehmertum in Moldowa 2000", die, finanziert mit amerikanischen Geldern, vom moldawischen Zentrum für strategische Forschung und Reform, der Nichtregierungsorganisation ASISITO und dem Ukrainischen Soziologischen Institut durchgeführt wurde. 523 Privatfarmen und 398 Privatunternehmen wurden untersucht und die Daten von 19000 offiziell beim Justizministerium registrierten Unternehmen ausgewertet.
Anfang des Jahres 2000 gab es in Moldowa insgesamt fast 200000 Wirtschaftssubjekte. Davon sind 193000 kleine Unternehmen, die insgesamt etwa eine halbe Million Personen beschäftigen. Etwa 207000 Personen arbeiten in den 1700 mittleren Unternehmen, die zwischen 51 und 250 Mitarbeiter beschäftigen.
Der Privatsektor der Wirtschaft beschäftigt insgesamt 705000 Menschen und damit 39 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung Moldowas. Vierzig Prozent der im Privatsektor Beschäftigten arbeiten im Handel, sechzehn Prozent in Bauunternehmen, 15,7 Prozent im Dienstleistungsbereich und lediglich 1,2 Prozent in der Industrieproduktion.
Der Handel hat aber nicht nur unter den kleinen Unternehmen einen hohen Anteil. Beachtliche 23,5 Prozent der mittleren Unternehmen sind ebenfalls im Handel tätig.
Die meisten moldawischen Unternehmer haben ihre Geschäftstätigkeit in den letzten vier Jahren aufgenommen, wobei die Mehrheit im Jahre 1998 offiziell registriert worden ist.
Privatunternehmen insgesamt beschäftigen im Durchschnitt zwölf Mitarbeiter. Im Vergleich dazu sind in einem ukrainischen Privatunternehmen durchschnittlich doppelt so viele Mitarbeiter angestellt. Bei den moldawischen Kleinunternehmen sind es im Durchschnitt sechs Mitarbeiter.
45,9 Prozent der Beschäftigten im Privatsektor der Wirtschaft sind Frauen, und auf 46,3 Prozent aller Arbeitsplätze in diesem Bereich arbeiten Verwandte des Direktors oder des Besitzers. Die Hälfte aller Privatunternehmen ist in der moldawischen Hauptstadt Chisinau konzentriert.
In 83,2 Prozent aller Privatunternehmen werden die Löhne und Gehälter ausschließlich in Geld ausgezahlt. Weniger als sechs Prozent der Privatfirmen zahlen bis zu vierzig Prozent der Verdienste in Waren aus. 79,7 Prozent aller Privatunternehmen zahlen die Löhne und Gehälter pünktlich, 13,4 Prozent mit Verspätung bis zu drei Monaten, und der Rest mit Verspätungen von mehr als drei Monaten.
Mehr als die Hälfte der moldawischen Bevölkerung ist weiblich, doch sind unter den Eigentümern von Privatunternehmen nur dreißig Prozent Frauen. In mittleren Unternehmen sind es sogar nur 7,4 Prozent. Die Mehrheit der von Frauen geführten Unternehmen ist im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Handel angesiedelt.
72,7 Prozent der Privatunternehmen wurden neu gegründet, nur 22 Prozent entstanden aus der Umwandlung alter staatlicher Betriebe in Privatbetriebe.
Und die Mehrheit der Privatunternehmen arbeitet in der "Schattenwirtschaft". Nur fünfzehn Prozent aller Privatunternehmen wurden offiziell im Justizministerium registriert, darunter fast alle Unternehmen, die mehr als fünfzig Mitarbeiter beschäftigen. Von den kleinen Unternehmen haben sich nur 14,3 Prozent registrieren lassen. Dies bedeutet insbesondere, daß sie auch keine Abgaben an den Staat zahlen, weder Abführungen an den Lohn-, Beschäftigungs-, Renten- und Krankenversicherungsfonds noch an den Fiskus.
Drei Viertel der Wirtschaftsakteure hält es nicht für notwendig, Lizenzen für ihre Tätigkeit zu erhalten oder Patente anzumelden. Legal operierende Unternehmen beklagen sich über die große Zahl von Überprüfungen durch die staatlichen Kontrollbehörden. In den letzten sechs Monaten machten die Mitarbeiter der staatlichen Steuerinspektion mehr als 500000 Besuche in Privatunternehmen, das heißt, sie überprüften jedes Privatunternehmen im Durchschnitt 2,7 Mal.
Nur sieben Prozent der privaten Firmen verkaufen ihre Produkte an den Staat, der sich faktisch aus der Zusammenarbeit mit kleinen und mittleren Unternehmen verabschiedet hat. Die Zahl der ins Ausland exportierenden Unternehmen liegt bei etwa 2,8 Prozent. Von diesen verkaufen 74 Prozent ihre Güter nach Rußland und in die anderen GUS-Staaten. Fast die Hälfte der Unternehmen müssen ihre Lieferfirmen (Rohmaterial, Ersatzteile) im voraus bezahlen.
41,5 Prozent aller Unternehmen haben einen Umsatz von nicht mehr als 500 Lei im Monat, was sich auf 476 Dollar im Jahr summiert. Zwei Drittel der Unternehmen haben einen Umsatz von 25000 Lei im Monat (umgerechnet 24000 Dollar im Jahr). Die Hälfte aller Privatunternehmen mußte in den letzten Monaten einen deutlichen Umsatzrückgang verkraften, lediglich 12,3 Prozent verzeichneten ein Wachstum.
Nach Geschäftsberichten für das Jahr 2000 sanken die Nettogewinne um 56,4 Prozent. Die Studie zeigte zudem, daß nur 11,2 Prozent der Privatunternehmer in die Entwicklung ihrer Produktion investieren.
Abulfaz Eltschibej gestorben
Mehr als 20000 Menschen nahmen am 23. August am Trauerzug und offiziellen Begräbnis für den verstorbenen früheren aserbaidschanischen Präsidenten Abulfaz Eltschibej teil. Zum Begräbnis kam auch Präsident Haidar Alijew. Der 62jährige Eltschibej war am Tag zuvor in einem Krankenhaus in der türkischen Hauptstadt Ankara an einem Krebsleiden gestorben. 1992 war er zum Präsidenten Aserbaidschans gewählt worden. Als Präsident hatte er den Abzug der russischen Truppen durchgesetzt. Ein Problem, mit dem sich die Nachbarstaaten Georgien und Armenien noch heute befassen müssen. Außerdem wurde unter seiner Ägide eine eigene Armee aufgebaut und die aserbaidschanische Nationalwährung eingeführt. Während seiner Präsidentschaft wurde die kyrillische durch die lateinische Schrift ersetzt. Seine Präsidentschaft war nur von kurzer Dauer, denn die Niederlagen im Konflikt um die Enklave Nagorny Karabach sorgten für Instabilität. Im Jahr 1993 floh Eltschibej nach einer Militärrevolte aus Baku. Er übergab die Macht an Alijew, um, wie er ausführte, ein Blutbad zu verhindern. Bis zum Jahr 1997 blieb er in seinem Heimatdorf in der Autonomen Republik Nachitschewan, dann kehrte er in die Politik nach Baku zurück, wo er sich der Opposition gegen Präsident Alijew anschloß.
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