Wostok Newsletter 12/1999 (Auszüge)

Luschkow als Moskauer Bürgermeister wiedergewählt
Der Sturm auf den Smolny wurde auf das Frühjahr verlegt
Acht Jahre GUS
Die neue moldawische Regierung

Luschkow als Moskauer Bürgermeister wiedergewählt
von
Grigori Melamedow, Politologe, Moskau


Die Wahl des Moskauer Regierenden Bürgermeisters ist in Rußland kein rein städtisches, sondern ein Föderationsereignis. Dafür gibt es mehrere Gründe. In Moskau ist vor allem der Löwenanteil des Kapitals, der Banken und der Investitionsströme, also der überwiegende Teil des russischen Geschäftslebens, konzentriert. Daher würde die Ablösung des Moskauer Bürgermeisters tiefe Veränderungen im Verhältnis der Finanzkräfte im gesamten Land nach sich ziehen. Zudem muß man die Wahl des Moskauer Bürgermeisters auch im Zusammenhang mit den Parlaments- und anstehenden Präsidentschaftswahlen betrachten.

Juri Luschkow war neben dem ehemaligen Ministerpräsidenten Jewgeni Primakow einer der Führer des Wahlbündnisses "Vaterland - Ganz Rußland" (russ. Abk.: OWR) - des wichtigsten politischen Gegners der Präsidialverwaltung. Zudem galt Luschkow in den letzten Jahren als einer der wichtigsten Anwärter auf das Präsidentenamt. Im Moment allerdings verliert er offensichtlich in der Konfrontation mit dem Kreml, der Ministerpräsident Wladimir Putin als Nachfolger Jelzins aufgebaut hat. Trotzdem wäre es noch verfrüht, Luschkow endgültig abzuschreiben. Eben diese Umstände bestimmten im voraus die Intrige um die Wahl des Bürgermeisters.

Die Amtszeit von Luschkow endet eigentlich erst im Sommer 2000. Die Neuwahl des Bürgermeisters wäre in diesem Fall gemeinsam mit den regulären Präsidentschaftswahlen durchgeführt worden. Luschkow paßte diese Variante verständlicherweise nicht. Er setzte durch, daß die Wahl auf Dezember 1999 vorverlegt wurde. Als diese Entscheidung getroffen wurde, konnte niemand vermuten, daß die Wiederwahl Luschkows in Frage gestellt werden könnte. Es schien, daß ihn nichts daran hindern würde, genau so sicher wie vorher zu siegen, als für Luschkow 88,5 Prozent der Moskauer Wähler gestimmt hatten.

Die Verwaltung Jelzins hatte jedoch ihre eigenen Überlegungen. Wenn wir von den Plänen des Kremls gegenüber Luschkow sprechen, dann können wir uns natürlich nicht auf irgendwelche offiziellen Anweisungen oder Dokumente stützen - höchstwahrscheinlich gibt es sie nicht einmal. Die Aussagen und vor allem Handlungen des Präsidententeams lassen jedoch keinen Zweifel daran, worin eben seine Pläne bestanden. Jelzin will - er hat dies offiziell kundgetan -, daß Wladimir Putin der nächste Präsident wird. Alternativlose Wahlen wird es freilich nicht geben. Man kann jedoch in jedem Fall die Ereignisse so beeinflussen, daß im zweiten Wahlgang ein Mann Putin gegenübersteht, der in jedem Fall verlieren wird. Die Erfahrung der Präsidentschaftswahlen 1996 in Rußland und 1999 in der Ukraine, wo das Kräfteverhältnis mit dem in Rußland vergleichbar ist, beweist, daß es sinnvoll ist, diese Rolle dem Führer der Kommunisten zuzuweisen. Denn die Kommunisten haben verhältnismäßig viele Anhänger, so daß ihr Kandidat relativ sicher in den zweiten Wahlgang gelangen kann, allerdings (nach Vorstellungen der Analytiker im Kreml) zu wenige Anhänger, um zu siegen. Ein optimaler Gegenkandidat zu Putin ist also Gennadi Sjuganow. Luschkow ist in diesem Kräfteverhältnis aus Sicht des Kremls ein "überflüssiger Dritter". Eben von diesen Überlegungen ausgehend, bemühte sich die Verwaltung Jelzins, die Position von Luschkow während des Wahlkampfes um das Bürgermeisteramt zu untergraben.

Noch im Sommer hatte man den Eindruck, daß sich kein einziger ernstzunehmender Politiker mit Luschkow als Anwärter auf das Amt des Moskauer Bürgermeisters messen würde. Im Herbst jedoch bekundete Ex-Ministerpräsident Sergej Kirijenko die Absicht, für dieses Amt zu kandidieren. Die Regierung von Kirijenko mußte während der Finanzkrise im August 1998 zurücktreten. Seitdem ist der Name Kirijenko bei den meisten Russen fest mit dem Wort "Default" verbunden. Daher wurde die Entscheidung Kirijenkos, sich mit Luschkow zu messen, wobei im voraus klar war, daß er gegen ihn verlieren würde, zunächst allgemein als Versuch wahrgenommen, die Menschen an seine Existenz zu erinnern.

Bald zeigte sich jedoch, daß dies nicht stimmte. Vor allem hatte es Kirijenko nicht nötig, mit einem derart exotischen Verfahren die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, da sein "Bund der Rechtskräfte" sichere Chancen hatte, die Fünf-Prozent-Hürde bei der Parlamentswahl zu überwinden.

Zudem fiel auf, daß sich Kirijenko gar nicht bemühte, die Sympathien der Moskauer Wähler zu gewinnen. Er führte die Kampagne nicht so sehr für sich, sondern eher gegen Luschkow. Im Unterschied zu einigen kremltreuen Journalisten, die in ihrem kritischen Stil gegenüber dem Bürgermeister alle ethischen Grenzen überschritten, verhielt sich Kirijenko jedoch korrekt. Er sagte den Moskauern gleichsam: Es stimmt schon, daß Luschkow für die Stadt viel geleistet hat, aber warum verschließt ihr die Augen vor den negativen Aspekten seiner Arbeit? Stimmt es etwa nicht, daß ganz Moskau zwischen den kriminellen Gruppen aufgeteilt ist, die völlig offen vorgehen, und der Bürgermeister keinerlei Maßnahmen trifft, um sie zu zügeln? Sind denn die Unsummen für die Errichtung der superteuren Handelskomplexe wirtschaftlich begründet? Wäre es nicht viel sinnvoller, Wohnungen für sozial Benachteiligte zu bauen? Stimmt es etwa nicht, daß die Stadtbediensteten in Bestechungen verheddert sind, während die Mittel des Stadthaushalts gewissenlos gestohlen werden? Kirijenko appellierte an die Jugend und die Einwohner der ökologisch belasteten Stadtbezirke. Seine Partei organisierte Protestposten gegen Luschkow, über die das Fernsehen ausführlich berichtete.

Dann schaltete sich in den Kampf um das Amt des Bürgermeisters Pawel Borodin, ein hochrangiger Mitarbeiter der Präsidialverwaltung, ein. Niemand zweifelte daran, daß dies mit Genehmigung der Föderationsorgane erfolgte. Das bedeutete aber, daß die einflußreichen Stadtbeamten zum Teil vor die Notwendigkeit gestellt wurden, sich entweder für den Kreml oder für die Bürgermeisterei zu entscheiden. Wenn Kirijenko Luschkow Stimmen der einfachen Wähler abnahm, so richtete sich Borodin auf einen Teil der Stadtbürokratie aus. Andere, weniger bedeutsame Kandidaten nahmen ebenfalls jede Gelegenheit wahr, Luschkow einen Schlag zu versetzen.

Langsam fügte sich diese Agitation in den gemeinsamen Chor der vom Kreml inspirierten Auftritte gegen Luschkow ein und brachte Resultate. Viele Einwohner kamen auf den Gedanken, daß es tatsächlich längst an der Zeit sei, die satte Stadtführung abzulösen: Sie habe für die Stadt viel geleistet, aber jetzt brauche man neue Gesichter. Jedenfalls dürfe sich Luschkow, wenn er auch ein geeigneter Führer für Moskau sei, nicht mit der Politik im gesamtrussischen Maßstab befassen. Mit der Popularität Luschkows ging es schnell bergab.

Luschkow war allem Anschein nach psychologisch auf eine solche Wende nicht gefaßt. Sein Stab hat es nicht geschafft, ein qualifiziertes Verteidigungssystem aufzubauen. Anfang Dezember, drei Wochen vor der Wahl, wurden Zweifel geäußert, ob es ihm überhaupt gelänge, im ersten Wahlgang zu siegen. Wenn nicht, dann kann man sich vorstellen, welche Kräfte der Kreml zur Unterstützung des Kandidaten eingesetzt hätte, der mit Luschkow im zweiten Wahlgang buhlen würde. Luschkow mußte sich praktisch völlig auf die Bürgermeisterwahl konzentrieren und von der Parlamentswahl - als einer der Führer des Blocks OWR - sowie von der beginnenden Präsidentschaftswahlkampagne distanzieren. Gerade das aber brauchte die Verwaltung Jelzins.

Im Ergebnis siegte Luschkow trotzdem bereits im ersten Wahlgang, indem er etwa siebzig Prozent der Stimmen auf sich vereinigte (als dieser Artikel geschrieben wurde, waren die offiziellen Angaben noch nicht bekanntgegeben). Kirijenko belegte mit elf Prozent den zweiten Platz. Borodin mußte sich mit sechs Prozent und dem dritten Platz begnügen. Die anderen fünf Kandidaten erhielten eine ganz geringe Zahl der Stimmen.

Im Hintergrund dieser Schlachten fanden ohne großen Anklang in der Bevölkerung die Wahlen der Berater der Stadtbezirksversammlungen statt - der Moskauer örtlichen Selbstverwaltungsorgane. Die Bezirksversammlungen waren erstmals vor zwei Jahren gebildet worden. Diese Wahlen beeinflussen die Verteilung der realen Macht so gut wie gar nicht, sind jedoch im Hinblick auf die Entwicklung demokratischer Institutionen sehr aufschlußreich. In einigen Stadtbezirken mußten die Wahlen wegen zu geringer Wahlbeteiligung für ungültig erklärt werden. Dort, wo sie stattgefunden haben, sind die Wahlergebnisse nicht als eine bewußte, sondern eher als zufällige Entscheidung zu bewerten: Die Einwohner waren weder mit den Programmen der Kandidaten vertraut, noch waren sie ihnen persönlich bekannt. In den meisten Fällen siegten jene, auf die Beamte der ausführenden Gewalt hingewiesen hatten.
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Der Sturm auf den Smolny wurde auf das Frühjahr verlegt

von
Alexej Smirnow, Rais Kabanow, Journalisten, St. Petersburg


Am 19. Dezember sollte in St. Petersburg die Wahl des neuen Gouverneurs stattfinden. Als eine der wichtigsten Metropolen Rußlands genießt Petersburg wie Moskau den Status eines Subjekts der Föderation und stellt einen eigenen Gouverneur. Alles war zu diesem Termin rechtzeitig und gut vorbereitet: die Kandidaten, insgesamt 30, waren registriert, die Wahllokale eingerichtet und die hölzernen Wahlurnen zusammengeschraubt. Es wurde sogar schon der Sieger vorausgesagt. Nach allen Prognosen sollte der heutige St. Petersburger Gouverneur Wladimir Jakowlew wiedergewählt werden. Alles hat aber am 11. Dezember eine Woche vor dem Wahltermin einen völlig anderen Lauf genommen. Das oberste Gericht Rußlands setzte nämlich einen anderen Wahltermin an - im Frühjahr 2000.

Die Absage der Wahl ist ein ernster Schlag gegen die Reputation des Stadtoberhauptes, das ja auch eine der wichtigen Figuren im Wahlblock "Vaterland - Ganz Rußland" ist. Jakowlew war derjenige, der die Vorziehung der Wahl auf den 19. Dezember initiiert hatte. Denn seine Amtszeit endet eigentlich erst im Frühjahr 2000. Offiziell wollte Jakowlew die Gouverneurs- und die russischen Parlamentswahlen zusammenlegen, um Gelder der Stadt zu sparen. Dies würde wahrscheinlich auch sehr glaubhaft klingen, wenn nicht einiges im Zusammenhang mit dem Stadtdumabeschluß zur Wahlvorziehung geschehen wäre.

Die Opposition des Stadtoberhauptes und in erster Linie Vertreter der Partei JABLoko warfen dem Gouverneur vor, die Gegenkandidaten an der ernsthaften Vorbereitung ihres Wahlkampfes hindern zu wollen. Allein der Zeitmangel und die Notwendigkeit der gleichzeitigen Vorbereitung zu den Staatsdumawahlen würden dies in der Tat verhindern. Die Verfassung der Stadt sieht bei solchen Entscheidungen die Notwendigkeit der Zustimmung des Stadtparlaments vor. Die Abstimmung fand im November 1999 statt. Damals haben die Anhänger Jakowlews alles daran gesetzt, um ihre Kollegen von der Wahlvorziehung zu überzeugen. Es schien auch geklappt zu haben. Denn mit einer sehr knappen Mehrheit hat das Parlament diesen Entschluß gefaßt.

Aber eine Woche später kam es zu einem regelrechten Skandal. Ein Teil der Abgeordneten, darunter auch die von JABLoko, erklärten, daß die Abstimmungsergebnisse gefälscht worden seien. Man hatte festgestellt, daß auf der Liste der Zustimmenden plötzlich Abgeordnete auftauchten, die nicht im Plenarsaal und nicht einmal in der Stadt gewesen waren. Diese Abgeordneten wandten sich mit der Forderung an das Gericht, den Vorfall zu überprüfen und die Wahl abzusagen. Da die Angelegenheit als sehr wichtig eingestuft wurde, übernahm das oberste Gericht der Russischen Föderation die Entscheidung.

Die Umstände der Untersuchung waren sehr verwirrend. Die Richter mußten entscheiden, ob die fehlenden Abgeordneten beweisen konnten, daß sie sich außerhalb St. Petersburgs aufgehaten hatten und ob die Zahl der anwesenden Parlamentarier ausgereicht hätte, diese Entscheidung zu treffen. Alle wußten um die Wichtigkeit des Urteils und warteten geduldig. Gouverneur Jakowlew jedoch führte in dieser Zeit sehr aktiv seinen Wahlkampf, fest davon überzeugt, daß das Gericht ihn unterstützen werde. Er war ständig öffentlich präsent. Kurz vor der Gerichtsentscheidung beschloß seine Regierung der russisch-orthodoxen Kirche die größte und schönste Kirche der Stadt - die Kasan-Kathedrale auf dem Newski Prospekt - zu übergeben. In Anwesenheit höchster Kirchenvertreter erklärte er, daß ein Gouverneur in Rußland so etwas wie ein Priester sei, denn das Wichtigste in seiner Arbeit ist das Wohl des Volkes.

Die Beobachter haben diesen Schritt sofort als Propaganda eingeschätzt. Denn die Rückgabe der Kathedrale sollte Jakowlew die Stimmen der Gläubigen bringen. Denn die Hälfte der Petersburger bezeichnet sich als orthodox.

Nach dieser Übergabezeremonie nahm Jakowlew an der Schiffstaufe eines neuen Öltankers auf der Admiralitätswerft teil. Dort erklärte er, daß die St. Petersburger Industrie aktiv belebt werde und sich die städtische Wirtschaft sehr gut entwickle. In der Zwischenzeit wurden überall Wahlplakate aufgehängt und eifrige Wahlhelfer verteilten in der Stadt Flugblätter mit dem Wahlaufruf für Jakowlew. Nach groben Schätzungen kostete die Kampagne Jakowlew einige Millionen Dollar. Diese Gelder wurden in der festen Überzeugung ausgegeben, daß die Wahl am 19. Dezember stattfinden werde. Diese Überzeugung war leicht erklärbar. Jakowlew hatte sicherlich große Hoffnungen darauf gesetzt, daß seine politischen Mitstreiter - der Moskauer Gouverneur Luschkow und Ex-Premier Primakow die Entscheidung des Gerichts günstig für ihn beeinflussen könnten. Pustekuchen. Seine Freunde in Moskau gerieten selbst unter den mächtigen Druck der Propagandakampagne, die vom Kreml aus gegen sie entfesselt wurde. Der heutige amtierende Präsident Putin und die "Familie", wie die nächste Umgebung Jelzins genannt wird, unterstützen eine andere Partei - "Einheit" unter der Führung des Ministers für außerordentliche Situationen Sergej Schoigu. So hatten Luschkow und Primakow gar keine Möglichkeit, auf die Entscheidung des obersten Gerichts Einfluß zu nehmen. Jede Einmischung in den Entscheidungsprozeß wäre entdeckt und öffentlich ausgeschlachtet worden. Wahlzeiten in Rußland sind harte Zeiten. Und am 14. Dezember, fünf Tage vor dem Wahltermin, fiel dann die Entscheidung. Die Wahl des Petersburger Gouverneurs soll erst im Frühjahr 2000 durchgeführt werden. Jakowlew hat damit einen sehr herben Rückschlag erlitten. Vom aussichtsreichsten Anwärter auf den Gouverneursposten wurde er zum einfachen glücklosen Kandidaten degradiert.

Jetzt haben die Gegenkandidaten Zeit, ihre eigenen Wahlkampagnen zu starten und über die wirtschaftlichen und politischen Programme des heutigen Stadtoberhaupts herzufallen. Und Jakowlew hat starke Gegner. Einer von ihnen ist der Führer der Petersburger JABLoko-Gliederung Igor Artemjew. Er war noch vor kurzem Finanzminister in der Stadtregierung und kennt die "innere Küche" des Smolny besser als jeder andere.

Igor Artemjew hat schon jetzt erklärt, das die JakowlewscheWirtschaftspolitik für die Stadt sehr ungünstig ist. St. Petersburg leihe sich ständig große Devisensummen im Westen, um Prestigeprojekte wie den Bau großer Transport- und Sportkomplexe zu finanzieren. Die Finanzierung bzw. die Kosten der Bauten werden aber nur sehr oberflächlich durchgerechnet. Artemjew erinnerte daran, wieviel Geld die Stadt für den Bau des Bahnhofs für die neue Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Moskau und St. Petersburg ausgegeben hat. Dieses Projekt wurde nach der letzten Finanzkrise in Rußland gestoppt. Jetzt verunstaltet die Mitte der Stadt ein Riesenkrater und erinnert an Dutzende von Millionen Dollar, die darin verschwunden sind.

Nicht auszuschließen ist, daß Artemjew in seinem Wahlkampf noch andere interessante Fakten öffentlich macht, die bis jetzt unbekannt sind. Anzunehmen ist auch, daß der JABloko-Mann an die Korruption im Smolny erinnert. Mit anderen Worten er ist für Jakowlew mehr als nur ein ernstzunehmender Gegner. Und nicht nur, weil er mit Ziffern und Tatsachen operieren kann. Es gibt auch noch einen psychologischen Hintergrund. Vor seiner Wahl war Jakowlew selbst ein Mitarbeiter seines Amtsvorgängers Sobtschak. Damals hat er in erster Linie dank der gut vorbereiteten und argumentierenden Kritik an der Wirtschaftspolitik von Sobtschak die Wahl gewonnen. Er kannte die Lage im Smolny genau so gut wie Sobtschak selbst. Jetzt könnte er selbst auf eine ähnliche Mine treten. Denn Artemjew wird sicherlich seine guten Smolny-Kenntnisse voll ausnutzen. Jakowlew hat ernsthafte Gründe, demnächst über sein Schicksal nachzudenken und seine Milleniumsstimmung ist sicherlich verdorben.
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Acht Jahre GUS

(pb)

Die GUS, die 12 ehemalige Sowjetrepubliken vereint, beging am 21. Dezember 1999 den achten Jahrestag ihres Bestehens. Dabei waren die vergangenen acht Jahre für die Gemeinschaft keine einfache Periode.

Die Bildung der GUS unterbrach den Prozeß des chaotischen Zerfalls der UdSSR und schuf die Grundlage für neue zwischenstaatliche Beziehungen im postsowjetischen Raum. Im Rahmen der Gemeinschaft wird heute ein flexibler Mechanismus für die Gestaltung der zwischenstaatlichen und der Regierungsbeziehungen genutzt, der den unterschiedlichen Grad der Integrationsbereitschaft der Länder berücksichtigt und jedem Staat die Möglichkeit gibt, sich am Integrationsprozeß so zu beteiligen, wie es seinen Interessen entspricht. Durch die Entscheidung des Rates der Staatschefs im Oktober 1999 in Jalta wurde die verbindliche Einhaltung der Rotationsfristen für den Vorsitz in den Organen der Gemeinschaft betont. Somit soll jeder Staat der Gemeinschaft, unabhängig von seinen politischen, wirtschaftlichen und anderen Möglichkeiten, ähnlich wie in der EU den Vorsitz in den Gemeinschaftsgremien übernehmen. Bisher hat diese Funktionen vornehmlich Rußland übernommen.

Bereits 1997 bekräftigte der Rat der GUS-Staatschefs die Schaffung einer echten Freihandelszone als wichtigster strategischen Aufgabe. Aber auch acht Jahre nach Bildung der Gemeinschaft kann man lediglich über die ersten Schritte hin zu einem allgemeinen Freihandelsregime sprechen. Für seine effektive Entwicklung und Existenz wären die Vereinheitlichung des Systems der Erhebung indirekter Steuern beim Export und Import von Waren und Dienstleistungen sowie das gemeinsame Vorgehen bei Fragen der Devisenregelungen notwendig.

Experten betonen, daß sich im Ergebnis der Bildung der GUS die Position der ehemaligen Unionsrepubliken bei der Nutzung des gemeinsamen Wirtschaftspotentials geändert hat. So vergrößerte sich der Anteil Rußlands, Kasachstans, Georgiens und von Belarus an der Produktion des Bruttoinlandsprodukts und an den Außenwirtschaftsbeziehungen.

Derzeit wird ein Programm zur Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaft und in der internationalen Arena für die Zeit bis zum Jahr 2005 von Experten des GUS-Exekutivkomitees erarbeitet. Das Exekutivkomitee ist das ständige Verwaltungs- und Koordinationsorgan der Gemeinschaft. Das Dokument wird im Februar oder März 2000 den höchsten Organen der Gemeinschaft zur Prüfung vorgelegt. Die Schwerpunkte des Programms sind die Umsetzung des Abkommens über Freihandelszonen, die Festigung vertrauensbildender Maßnahmen in den gegenseitigen Beziehungen, die Annäherung in Fragen der Außenpolitik, die gemeinsame Bekämpfung der organisierten Kriminalität und eine abgestimmte Grenzpolitik.
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Die neue moldawische Regierung


Premierminister: Dumitru Braghis
Erster Stellvertretender Premierminister und Minister für Wirtschaft und Reformen: Eugen Slopac (vorher Direktor der Asito-Versicherung)
Stellvertretender Premierminister: Valeriu Cosarciuc (vorher Direktor eines Maschinenbauunternehmens in Balti)
Stellvertretende Premierministerin: Lidia Guda (Direktorin der Abteilung für Kredite und Projektfinanzierung der Unibank)
Finanzminister: Mihai Manole (zuvor stellvertretender Finanzminister)
Minister für Landwirtschaft und verarbeitende Industrie: Ion Russu (früherer stellvertretender Direktor von Energoimpex)
Minister für Bildung und Wissenschaft: Ion Gutu (stellvertretender Direktor der Pädagogischen Universität Chisinau)

Gesundheitsminister: Vasile Parasca (früher Direktor der Chisinauer Polikliniken)
Minister für Arbeit, sozialen Schutz und Familie: Valerian Revenco (zuvor stellvertretender Minister in diesem Bereich)
Minister für Transport und Kommunikation: Afanasi Smokin (Direktor des Unternehmens ASOIO)
Justizministerin: Valeria Sterbet (Stellvertretende Vorsitzende der Höchsten Gerichtskammer)
Innenminister: Wladimir Tucarnu (stellvertretender Minister)
Industrie- und Energieminister: Ion Lesan (Sprecher des Präsidenten im Transnistrienkonflikt)
Außenminister: Nicolae Tabacaru (wie zuvor)
Verteidigungsminister: Boris Gamurai (wie zuvor)
Kulturminister: Genadie Ciobanu (wie zuvor)
Minister für Umweltschutz: Arcadie Capcelea (wie zuvor)
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